Rund um das heutige Forsthaus hat sich in den vergangenen tausend Jahren viel ereignet. Bis vor 219 Jahren sorgte hier eine Wallfahrtskirche samt Jahrmarkt regelmäßig für einen Massenansturm. enzersdorf-im-thale.at hat die wohl einzig verbliebene Ansicht der Kirche - samt Einsiedlerwohnung -
in einem alten Buch entdeckt.
Fast ein Vierteljahrtausend nachdem das mittelalterliche Pfarrdorf (Ober-)Abtsdorf im Langenthal verschwunden war, wurde an der Stelle der einstigen Pfarrkirche eine neue Kirche samt Einsiedelei gebaut. Auslösend für den Wiederaufbau war das in Pestzeiten abgelegte Gelöbnis der Gemeinde Immendorf, die „in einem Wald bei Enzersdorf öd liegende St. Sebastianskapelle“ aufrichten zu lassen.
Kirchenbau 1696 eingeweiht. Ein Naheverhältnis der Immendorfer mag sich aus dem Umstand ergeben haben, dass Kleinkadolz bis 1692 zur Herrschaft Immendorf untertänig war und die Immendorfer Bauern ihren Holzbedarf bevorzugt aus den Wäldern um Enzersdorf deckten. Unter der Bauherrschaft des Grafen Hardegg auf Seefeld-Kadolz erfolgte 1690/96 der Neubau.
Aus der intensiven Sebastian-Verehrung zu Pestzeiten entwickelten sich regelmäßige Wallfahrten, auch Trauungen wurden hier abgehalten. Diese Wallfahrtskirche war den heiligen Pestpatronen Rochus und Sebastian geweiht. Sie wurde alljährlich im Sommer (nach dem St. Rochus-Tag am 16. August) von Wallfahrern aus allen Gegenden zum Gottesdienst sehr fleißig besucht. Im Haus daneben lebten ein bis zwei Einsiedler.
Einem ehemaligen Ministranten verdanken wir eine Zeichnung des eher schmucklosen Waldkirchleins und eine von Heinrich Güttenberger
mitgeteilte Schilderung der Einsiedlerstimmung beim Heiligtum im Langen Tal:
101 Jahre später letzte Messe und letzter Markt. „An die Apsis der Kirche schloss an der Epistelseite die Sakristei und unmittelbar anstoßend die in drei Räume gegliederte Einsiedelei. Die Längsseite der Kirche lief parallel mit dem Weg nach Klement, die der Einsiedelei mit dem Weg nach Patzmannsdorf. Am Eingang zur Kirche standen drei mächtige Eichen, in deren Schatten sich zwei Beichtstühle im Freien befanden. Unter einer vierten, an der Evangelienseite der Apsis stehenden Eiche war eine Kanzel angebracht.
Waldkirche und Einsiedelei gehörten zum Gebiet der Herrschaft Kadolz. Der
größte Wallfahrtstag war am Sonntag nach St. Rochus. Gepredigt wurde von
der Anhöhe vor der Kirche unter der großen Eiche. Die Wallfahrer lagerten im
Grase.“
1797 wurde demnach der letzte Gottesdienst abgehalten – ebenso der letzte der Märkte, die mit diesen Wallfahrten verbunden war. Der letzte Eremit zu Ödenkirchen starb 1811 und wurde in Enzersdorf begraben.
Ödenkirchen kommt zur Pfarre Enzersdorf. 1822 ließ die Herrschaft von Großkadolz die ehemalige St. Sebastians-Wallfahrtskirche abreißen, ein Jägerhaus bauen und den Revierförster von Patzenthal hierher versetzen. 1832 berichtete der Dechant von Gaubitsch an das Ordinariat, dass „in dem Wald nächst Enzersdorf, Kammersdorf und Patzmannsdorf sich ein Jägerhaus befinde, dessen Bewohner keiner Pfarre angehören“. Im gleichen Jahr wurde das Forsthaus Ödenkirchen der Pfarre Enzersdorf im Thale zugewiesen.
Lage. Das Forsthaus Ödenkirchen liegt drei Kilometer östlich von Enzersdorf im Thale an der Landesstraße B40 im Ödenkirchenwald.
Quellen: http://www.hollabrunner.at/Fittner/indexegg.htm,
abgefragt am 21.11.2016
Güttenberger, Heinrich (1928): Die Einsiedler in Geschichte
und Sage. Reinhold Buch- und Kunstverlag Ges.m.b.H.: Wien